Das Grab eines römischen Augenarztes



Im Gräberfeld des römischen Landgutes (Villa Rustica) von Elsdorf- Heppendorf wurde im Vorfeld des Braunkohlenabbaus (Tagebau Hambach) eine besondere Bestattung entdeckt: das Grab eines Augenarztes, wie der beigegebene Arztstempel belegt.

Dieser zweifellos außergewöhnliche Stempel weist zwei Namen auf. Der erste Name, Gaius Claudius Primus, wurde etwas nachlässig in Klarschrift auf der glatten Oberfläche eingeritzt (C CL PRI). Vermutlich handelt es sich um den Besitzer des Stempels und den Bestatteten, der hier nachträglich eine Besitzerinschrift hinterließ. Gaius scheint nicht nur diesen Stempel genutzt, sondern auch mit Erfolg Augensalben vertrieben zu haben. Zumindest liegt ein Stempel mit identischem Namen aus Cessey-sur-Tille in Frankreich vor, auf dem er – im Gegensatz zu dem Heppendorfer Beispiel – auf den Schmalseiten in direktem Zusammenhang mit Augenleiden und Medikamenten genannt wird. Der französische Stempel wurde nahe einer römischen Straße entdeckt. Vermutlich verlor Gaius oder jemand, der seine Augensalbenrezeptur einsetzte, den Stempel während eines Ambulanzeinsatzes in Frankreich.

Auf den Schmalseiten wird der zweite Name, Quintus Cop[…] Cosmus, genannt. Letzterer Beiname ist griechischer Herkunft. Laut den sehr präzise spiegelbildlich eingeritzten Inschriften auf den Schmalseiten stellte er die vier namentlich erwähnten Medikamente her, mit denen Krankheiten wie bakterielle Augen- und Bindehautentzündungen geheilt wurden. Unter den Salben, die mit dem Stempel gekennzeichnet wurden, sticht im Besonderen ein durch eine Gottheit erschaffenes Heilmittel hervor. Es half gegen verschiedenste Trübungen des Auges. Vermutlich wollte Quintus die genauen Ingredienzen des Mittels nicht offenbaren. Eine in dieser Hinsicht vergleichbare Inschrift ist nur von einem Stempel aus Este in Italien bekannt. Mit dem Stempel wird die einzige Nennung für den Namen Quintus Cop[…] Cosmus fassbar.

Eine Datierung der Brandbestattung ist durch das – für das Jenseits bestimmte – Trink- und Essgeschirr des 2. Jahrhunderts möglich. Ferner fanden sich zwei Melonenperlen.

Das Grabinventar ist der erste Hinweis für eine ärztliche Spezialversorgung im ländlichen Rheinland der Antike. Es erlaubt zudem einen einzigartigen Einblick in die europäischen Verbindungen des Elsdorfer Augenarztes. Besondere Bedeutung erhält die Bestattung dadurch, dass weltweit bisher keine zwei Dutzend römische Augenarztgräber bekannt sind.

Quelle:
Dr. Martin Grünewald / LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Foto: Jürgen Vogel / LVR-LandesMuseum Bonn